Freitag, 30. Dezember 2016

Grinch-Time

Grinch-Time


Als Scheidungskind habe ich irgendwann dem "Fest der Liebe" den Rücken zugewandt. Wie es dazu kam ist eine andere Geschichte und nur die meine, daher führe ich sie hier nicht weiter aus. Dennoch erwähne ich es, um das sogenannte große Ganze zu erfassen.

Für meine Kinder haue ich dem Grinch in mir jedes Jahr auf's Neue mit dem Gänsebräter auf den Dickschäel und versuche ihn unter der Oberfläche gebändigt zu halten. Dieses Jahr ist mir das sogar ziemlich gut gelungen, im Vorfeld. So in echt, nicht nur als Schau für die Kinder. Ich begann, es wieder "zu fühlen". Und es war fantastisch! Wir haben den Kompromiss geschlossen, das Tochterzimmer als Weihnachtszimmer zu dekorieren, der Rest der Wohnung blieb "Schingeling-frei".
1,5 Wochen vor Heiligabend kaufte ich einen echten (!) Baum und gemeinsam mit des Tochters "Liebchen" und seiner Mama schmückten wir ihn. Währenddessen erzählte ich Geschichten über meine Oma, die immer die Weihnachtszauberfäden meiner Kindheit in Perfektion flocht. Von echtem Engelshaar, echten Kerzen, einem irgendwie ... besseren Lametta. Das Essen bombastisch, das Geschenkpapier wurde gebügelt und die nächsten 10 Jahre wiederverwendet ... Ja, damals ...

Es sei vorweggenommen: Der Baum und das Essen sind uns/mir dieses Jahr ganz gut gelungen möchte ich behaupten. ;-)

Am Abend diesen schönen Tages überkam es mich das erste Mal in der diesjährigen Weihnachts-Saison:
"Das Grinchen"!
Angeführt von tiefer Melancholie spielte auch Wut und Enttäuschung mit.
Warum, wenn doch alles so schön war?
Ich versuche, es euch zu erzählen:
Dieser kleine Freund meiner Tochter, zu diesem Zeitpunkt beide unschuldige 2 Jahre alt, er liebt sie wirklich! Weder, dass ihre Eltern sich nicht kannten, noch dass uns 4 Stadtteile trennen oder der Kitawechsel unsererseits konnten dieser Liebe etwas anhaben. Und sie beruht absolut auf Gegenseitigkeit. Wenn die beiden sich etwa alle ein bis zwei Wochen treffen, dann ist es eine helle Freude, ihnen zuzusehen. Sie umarmen, küssen, lachen, schnattern und setzen einfach beim letzten Spiel wieder an.
Und er ist nicht der einzige Kamerad: Zu ihrem 3. Geburtstag hat mein Kind mal eben 11 (ELF!!!) kleine Gäste eingeladen. Und ich bin mir sicher, sie kommen ALLE!

Und hier kommt mein Herzsprungschmerz in's Spiel.
Meine "special edition" hat nur 7 Tage vorher Geburtstag. Er hat 3 Kinder eingeladen. Eines davon ist die Tochter meiner besten Freundin, zählt also nicht so richtig, wenn ihr versteht. Die anderen beiden sind Jungs aus seiner neuen Klasse. (Ich werde nicht wieder 12 Monate vergehen lassen, um euch diese Geschichte zu erzählen, versprochen!) Beim Gedanken an die Planung zu diesem, mittlerweile 9., Geburtstag bin ich sehr viel weniger beschwingt.
Denn mein Sohn hat keine Freunde. Nicht 11 und nicht 1. Keinen. Noch nie gehabt.
Das beinhaltet unter anderem: Keine Verabredungen am Nachmittag oder am Wochenende. Keine Einladungen zum  Geburtstag. Und eben keine Gäste zum eigenen Fest.
Letztes Jahr kamen von 8 geladenen Gästen ganze 2.
Wie fängt man das auf als Mama? Mit Mühe und Not. Und Liebe. Was bleibt denn auch anderes?

Hier kommt die traurige Auflösung, am Sonntag, den 18.12. war es soweit.
Es kam 1 Gast. Die Tochter meiner Freundin.
Einer der Schulkollegen hatte sich gar nicht erst gemeldet, der andere bekam am Tag vorher Magen-Darm.
Der Mutter des Letzteren muss man zugute halten, dass sie dennoch kurz vorbeikam, mit dem Geschenk und lieben Wünschen. Wie wertvoll diese scheinbar kleine Geste für uns ist, wird kaum jemand erfassen können.
Meine Freundin brachte - JUHU - ihre anderen 2 Kinder und ihren Mann mit, so dass die Bude trotzdem mit Leben gefüllt war. Und ihre Anwesenheit fing mich ein wenig auf. Ein nicht zu verachtender Nebeneffekt. Denn in seiner Ohnmächtigkeit und Nicht-Verstehen kann ein Kind als letztes eine am Boden zerstörte Mutter zum Geburtstag gebrauchen. Danke dafür, Lieblingsmensch!

Kaum ist der Geburtstag des Großen "abgefrühstückt", geht es aufgrund meiner miesen Geburtsterminplanung (haha) natürlich an die konkrete Weihnachtsplanung.
Zu meinen Kindern gehört selbstverständlich jeweils ein Papa und auch wenn ich mit keinem von beiden eine Beziehung bzw das klassische Familienmodell fahre, sind wir doch mehr als freundschaftlich verbunden. Und so meldete sich der Vater des Großen zum Heiligabend an, seinen Bruder im Gepäck. Wir freuten uns alle sehr. Denn Zeit und Raum lassen ein ausreichend regelmäßiges Teilhaben leider nicht zu.
Was soll ich euch sagen, ich bin nicht mehr 25, dazu durch die Kämpfe der letzten Jahre weitreichend aufgeschlissen. Ein Kind am 18.12. und eines am 25.12. ... dazu Weihnachten. Das ist nicht nur finanziell ein kaum zu wuppender Berg. Das will organisiert werden!
Wer macht das denn? Dieses wie die vergangenen und kommenden Jahre?
ICH! Allein!
- Adventskalender kaufen, aufhängen und (gerecht) befüllen
- täglich moderieren, wer die Kerzen anzünden und auspusten darf
- Tannenbaum kaufen und schleppen, ohne Auto
- Christbaumständer kaufen, zu Hause feststellen, dass er kaputt ist, umtauschen gehen
- Geschenke für die Kinder für Geburtstag und Weihnachten kaufen, verpacken, verstecken
- Geschenke wiederfinden
- Geschenke für den Rest der Familie "zaubern"
- Wohnung besuchertauglich machen
- Essen für die Feiertage planen, kaufen, schleppen, zubereiten
- abwaschen (Geschirrspüler gibt es hier nicht)
- Einladungs- und Weihnachtskarten schreiben
- diese auch wegschicken
- ah Mist: Geschenk für den Wichtelpartner aus der Probenähgruppe nicht vergessen
- Doppelmist: Mein Treppenputzdienst fällt natürlich in diese Woche
- Gästebetten herrichten
- Wäsche waschen, aufhängen, falten, wegräumen (ohne Trockner, na klar)
- Neue Wäsche, same procedure
- Aufregung und Enttäuschungen der Kinder auffangen!
- Lächeln nicht vergessen
Dazu der normale Alltagswahnsinn mit Therapien, Bewerbungen, Elterngesprächen, Weihnachtsfeiern.

Liebe Leser, was meint ihr wohl, was passiert, was nicht passieren darf?
Ein Tag vor dem großen Festtag?
El Chefa, der Boss, die Mamutschka, der Organisator, der Spielkreuzführer .... WIRD KRANK !!!

Geht das denn? Nein, geht natürlich nicht.
Also ab zur Apotheke. Mit Feuer spuckenden Mandeln nach der besten Droge im Haus fragen.
Der Apothekerin gequält in die konsternierten Augen blicken, auf die tasmanischen Teufel hinter einem weisen, die völlig unausgelastet das Schaukelpferd kapern und die magische Formel hauchen:
"ICH BIN ALLEINERZIEHEND"
Dass mein Sohn gerade seine erste Medipause macht (Jaja, sorry, auch dazu bald mehr), weiß die gute Frau ganz genau, schließlich befinde ich mich im Giftmischerhaus meines Vertrauens.
Nunja, ich habe mein Geld gegen einige Mittelchen tauschen dürfen, die eh kaum helfen werden. Dazu das Antibiotikum der Tochter gemopst, die gerade Scharlach hatte. (Hab ich nicht erwähnt, weil ... ach, ihr wisst schon, ist ja nichts besonderes)

Was soll ich sagen, der Besuch gab sich die Klinke in die Hand, inklusive Übernachtungen.

Heute morgen verabschiedeten wir die letzten 2. Mein Vater kam uns mit seiner Frau das erste Mal aus dem heimatlichen hohen Norden besuchen. Er ist der einzige Mann, den ich kenne, der WIRKLICH kann was er sagt und es auch noch tut. Also habe ich seine Anwesenheit schamlos ausgenutzt, Baumarktbesuch, neue Deckenlampe und 4 Stunden Hochbett/Schrank/Schreibtisch/Kombi der Tochter aufbauen inklusive.
Ich vermute, die beiden sehen wir hier nicht so schnell wieder.
Erwähnte ich, dass mein Großer seine Umwelt mit special effects auf Trab hält und die Kleine ... nun ... sie ist gerade DREI geworden. Stellt euch einen Erziehungsratgeber zu diesem Alter vor und nehmt das Beispielkind darin mal 5! Das ist nicht leicht zu ertragen. Ich weiß das. Ich habe täglich das Vergnügen.

Und wir? Tochterzimmer umstellen, umräumen, aufhübschen.
Teamwork war es und wunderschön zu wohnen ist es dort nun.
Solche Dinge fallen hier traurigerweise normalerweise hintenüber. Ich weiß, es muss mit ein bisschen Geschick nicht viel Geld kosten, es sich heimelig zu machen. Aber eben dieses, sowie die Energie dazu fehlt mir schlichtweg. Ich habe auch nie lange genug irgendwo gelebt, um das Gefühl von "Heimat", "nach Hause kommen" oder "Geborgenheit" kennenlernen zu dürfen.

Silvester haben wir uns frecherweise bei besagter Freundin zum Raclette, Böllern und Nervenspannen eingezeckt. Ich hoffe sehr, dass nichts dazwischenkommt und dass wir uns im neuen Jahr immer noch lieben.

Dann wird er weitergehen, der Wahnsinn. Die ersten 2 Wochen sind schon gut gefüllt. Der Geburtstag der Kleinen wird nachgefeiert, denn wer wäre schon am 25. gekommen? Der Papa der Lütten kommt uns besuchen, es stehen Amtsgänge, Eltern- und Vorstellungsgespräche an. Und so weiter ...


Also ... was soll ich sagen? STAY TUNED! BLEIBT DRAN! KÄMPFT! LÄCHELT!


... jeden verdammten Tag!